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Ein Überschuss wird zum Skandal

 

 

Neueste Zahlen zeigen es: Im ersten Halbjahr 2018 betrug der Haushaltsüberschuss des Staates in Deutschland insgesamt 48,1 Milliarden Euro, das sind 2,9 Prozent des BIP, ein neuer Rekord. Unser stellv. Vorstandsvorsitzender Professor Paqué, selbst Volkswirt und ehemaliger Landesfinanzminister Sachsen-Anhalts, sieht darin zunehmend einen Skandal. Er erklärt im Folgenden warum.

Deutschland erlebt derzeit den höchsten Haushaltsüberschuss seit Jahrzehnten. Es gibt aber deshalb überhaupt keinen Grund zum Feiern. Natürlich freuen sich die zuständigen Minister und Kämmerer über den Geldsegen, niemand kann ihnen dies verdenken. Schaut man allerdings aus liberaler und volkswirtschaftlicher Sicht auf die Zusammenhänge, muss man der zuständigen Bunderegierung schwere Vorwürfe machen, dass sie es überhaupt so weit kommen lässt. Immerhin gibt es seit 2014 einen Haushaltsüberschuss, der im Trend zunimmt. Die Entwicklung ist also alles andere als überraschend.

Es sind vor allem drei zentrale Argumente, die dagegen sprechen, einen solchen Zustand weiter hinzunehmen. Konkret geht es um gesellschaftliche Fairness, volkswirtschaftliche Vernunft und internationale Zusammenarbeit.

Was die gesellschaftliche Fairness betrifft, kann von einer gerechten Balance zwischen Bürger und Staat längst nicht mehr die Rede sein. Vergessen wir nicht: Das beachtliche und solide Wachstum der deutschen Volkswirtschaft ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass über anderthalb Jahrzehnte die Einkommens- und Lohnentwicklung so moderat ausfiel, dass die deutsche Wirtschaft ihre traditionelle Wettbewerbsfähigkeit wieder voll zurückgewann. Davon hat der Staat gewaltig profitiert – durch massive Zunahme der Steuereinnahmen und niedrige Zinsen. Die Bürger dagegen stehen vor großen persönlichen Herausforderungen, für deren Bewältigung sie dringend zusätzliche Mittel benötigen: Altersvorsorge bei unsicheren Renten und mageren Renditen, kräftig steigende Mieten und Immobilienpreise in den wachsenden Ballungszentren, steigende Ansprüche an schulische Bildung und berufliche Qualifikation – all dies erfordert Investitionen privater Haushalte, für die die Mittel fehlen. Die längst versprochene Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie die Kompensation der kalten Progression sind jedenfalls überfällig, um die Glaubwürdigkeit des Staates wieder herzustellen.

Karl-Heinz Paqué, stellv. Vorstandsvorsitzender der Stiftung für die FreiheitDeutschland hat ja nicht nur einen Rekordüberschuss in den öffentlichen Haushalten, sondern auch in seiner Leistungsbilanz.

Karl-Heinz Paqué

Was die volkswirtschaftliche Vernunft betrifft, ruft der Chor der Ökonomen inzwischen fast unisono nach mehr Investitionen – und zwar nicht nur vom Staat selbst, sondern auch durch die privaten Unternehmen. Die brauchen dafür eine kräftige steuerliche Entlastung, zumal längst große Nationen wie die USA und Frankreich durch eigene Reformen der Unternehmenssteuern den Standortwettbewerb verschärft haben. Deutschlands Investitionsschwäche ist – gemessen an seiner wirtschaftlichen Kraft – in allen Statistiken ablesbar: Das Land fällt keineswegs als Treiber der Innnovationskraft auf, und das liegt sowohl an einer mediokren Infrastruktur in Kommunikation und Verkehr als auch an der mangelnden Unterstützung von gewerblichen Investitionen in Forschung und Entwicklung, die steuerlich nur wenig attraktiv sind. Hier gibt es fiskalische Spielräume und großen Bedarf, mehr steuerliche Anreize zu schaffen, um Produkt- und Prozessinnovationen auf den Weg zu bringen – und zwar unabhängig von Branche und Größe der betroffenen Unternehmen und Betriebe.

Schließlich spricht die internationale Lage massiv für eine drastische Steuersenkung. Deutschland hat ja nicht nur einen Rekordüberschuss in den öffentlichen Haushalten, sondern auch in seiner Leistungsbilanz. Der Überschuss liegt seit einiger Zeit bei rund acht Prozent des BIP, in absoluten Zahlen: fast 300 Milliarden Euro, der bei weitem größte nationale Überschuss in der ganzen Welt. Er ist natürlich nicht nur Ergebnis der starken Exportkraft der deutschen Wirtschaft, sondern auch der relativ schwachen Bereitschaft zu Importen aus dem Rest der Welt – und die hängt natürlich nicht allein an mangelnder Ausfuhrstärke des Auslands, sondern vor allem auch an der fehlenden Investitionsneigung im Inland, die maßgeblich durch die Steuerpolitik bedingt ist. Dieser Missstand befördert auch den Ungeist des Protektionismus. Mag sein, dass die rüden Verbalattacken eines Donald Trump auf deutsche Automobile in amerikanischen Städten von wenig ökonomischem Sachverstand getragen werden. Sie sind gleichwohl das politische Ergebnis eines gewaltigen Ungleichgewichts von großer Wertschöpfung und kleinem Verbrauch, das in Deutschland zur Gewohnheit geworden ist.

Fazit: Selten in der Geschichte Deutschlands sprach wirklich alles so eindeutig für eine kräftige Steuersenkung und eine durchdachte Steuerreform. Heute ist dies so. Und es wird zunehmend ein Skandal, dass die Bundesregierung nicht handelt.

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