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BUNDESREGIERUNG SO PARALYSIERT WIE REGIERUNG IN GROSSBRITANNIEN

In seiner Erwiderung auf Bundeskanzlerin Merkels Regierungserklärung verortete Christian Lindner seine Fraktion präzise gegenüber der Großen Koalition. Die Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten müsse bei europäischen Finanzfragen im Vordergrund stehen, nicht Umverteilung. Und wo Merkel Schwierigkeiten verschwiegen hatte, legte Lindner den Finger in die Wunde – mit liberalen Lösungen für Probleme, die die Große Koalition am liebsten mit Geldgeschenken zuschütten würde.

„Wissen Sie, was mir an Ihrer Regierungserklärung am besten gefallen hat?“, fragte Christian Lindner die Bundeskanzlerin zu Beginn seiner Rede. „Dass Ihr erster Gedanke beim Wort Innovation FDP war.“ Merkel war beim Thema Innovationsstandort Deutschland von ihrem Manuskript abgewichen und hatte dabei den Eifer der FDP bemerkt. Doch dann wurde es ernst.

In seiner Antwort auf die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin ließ Christian Lindner keinen Zweifel an der Verpflichtung der FDP-Fraktion für ein finanziell solides, politisch geeintes Europa. Doch bei den Wegen erläuterte er die gravierenden Unterschiede zwischen seiner Fraktion und der Großen Koalition. „Wir wollen die Wirtschafts- und Währungsunion stärken, wir wollen sie krisenfest machen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende. Doch anders als die Kanzlerin sich das vorstelle, gelinge das eben nicht über eine Transferunion. „Nur über eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion stoppen wir die Enteignung der Sparerinnen und Sparer in Deutschland.“ Während die Bundeskanzlerin seit Monaten ihre alten Mantras wiederhole, habe sich die Lage um uns herum bereits völlig verändert. „Zwei Drittel des EcoFin haben sich dagegen gestellt“, sagte Lindner zu den Plänen des Koalitionsvertrags und der Meseberger Erklärung.

Aber nicht nur Merkel selbst, auch die Regierung in deren Namen die Kanzlerin ihre Erklärung abgab, traf Lindners Kritik. Er griff die Pläne von Finanzminister Scholz für eine europäische Arbeitslosenversicherung scharf an. „Die Verantwortung für den Arbeitsmarkt darf nicht gelöst werden von der Verantwortung für die Standortbedingungen also das wirtschaftspolitische Umfeld“, mahnte Lindner. Scholz wolle wohl den Wahlkampf in Griechenland gewinnen.

Und um beim Südeuropa zu bleiben, erwähnte Lindner auch, was Merkel selbst verschwiegen hatte: Das Desaster des italienischen Haushalts. Es sei unerhört, dass SPD-Chefin Nahles von einer vertieften Bankenunion spreche, denn im Endeffekt würde das bedeuten, „dass deutsche Steuerzahler private Banken in Italien raushauen.“ Etwas ganz anderes sei geboten, so Lindner: „Ich hätte von der Bundesregierung erwartet, dass sie sich für ein Defizitverfahren gegen Italien einsetzt.“

Das Verhalten der Bundesregierung sei umso unverantwortlicher, da sie bei der Frage des Europäischen Stabilitätsmechanismus eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag benötige. Grundsätzlich wolle sich Lindner dieser besonderen Verantwortung der Opposition nicht entziehen. „Für uns wichtig aber ist, dass die finanzpolitische Eigenverantwortung der Mitglieder der Euro-Zone erhalten bleibt.“ Die FDP-Fraktion können sich „realwirtschaftliche Investitionen in Europa in privatwirtschaftliche, innovative Projekte, die Arbeitsplätze schaffen“ vorstellen. Auch bei der Infrastruktur sei man bereit, Geld auszugeben. Aber all das dürfe „nicht zu einem Dispokredit werden“ für Regierungen wie die italienische.

Dann kam Lindner zur Migrationsfrage. Merkel hatte das Thema nur am Rande erwähnt. „Die bilateralen Abkommen führen entweder zu nichts, oder dass wir noch mehr Menschen aufnehmen müssen“, hielt Lindner ihr vor. Die Bemühungen Frontex zu stärken, müssten viel konsequenter umgesetzt werden. Lindner machte das am Beispiel des ungarischen Premiers fest, der sich weigert, Frontex-Mitarbeiter in seinem Land zu dulden. Wenn er aber nicht an Frontex teilnehmen wolle, „dann wird Herr Orban eben nicht mehr an Schengen teilnehmen können“, betonte Lindner. „Erhöhen Sie also mal den Druck“, rief er der Kanzlerin zu. Wobei, dass Union und SPD es aus wahltaktischen Gründen verhinderten, die Maghreb-Staaten endlich als sichere Herkunftsländern einzustufen, sei vielleicht ein noch größeres Armutszeugnis. Sie wollen die Grünen nämlich im Hessenwahlkampf schonen.

Zuletzt kam Christian Lindner auf den drohenden harten Brexit zu sprechen. Er bedauere das, aber darauf könne die Große Koalition nicht mit Nichtstun reagieren. „Die Bundesregierung ist genauso paralysiert wie die Regierung in Großbritannien“, verglich Lindner. Wieso habe eigentlich die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen einen Brexit-Beauftragten, jedoch nicht die Bundesregierung? Lindner machte deutlich, dass Großbritannien nicht bestraft werden sollte, aber auch keine Nachteile für deutsche Steuerzahler entstehen dürften. „Wir wollen einen fairen Brexit, so schwer er ist.“ Er schloss seine Rede mit den Worten: „Das Ziel muss sein, dass die Kinder derer, die heute in Brüssel und London über den Austritt des Vereinigten Königreichs verhandeln, dass die Kinder wieder über den Beitritt der Briten zur Europäischen Union verhandeln.“

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